Jeroen, resident:
Ostende im Jahre 1890 war noch nicht die bunte Stadt von heute. Alle Badegäste und alle Flaneure auf der Strandpromenade waren weiß. Blütenweiß sogar. Blasse Haut war damals nämlich ein Zeichen von Reichtum. Wer gebräunte Haut hatte, musste ein Bauer oder ein Fischer sein, der im Freien arbeitete. Die reichen Badegäste mussten ihre wenigen unbedeckten Hautpartien mit Hüten und Schirmen vor den Sonnenstrahlen schützen, denn Sonnenschutzcreme wurde erst 1930 erfunden.
Dennoch sind auf Ensors Gemälde ein paar Menschen mit dunklerer Hautfarbe zu sehen. Vielleicht ist das Paar ganz links einfacher Abstammung? Der Mann scheint auf jeden Fall gebräunt zu sein. Aber vielleicht auch nicht. Er trägt einen Hut mit einem schwarzen Band; das war damals nicht üblich für den kleinen Mann.
Definitiv eine dunkle Haut haben allerdings die beiden Männer rechts davon. Sie tragen auch nicht-westliche Kopfbedeckungen. Oh? Das kann doch nicht sein, im Ostende von damals? Doch, kann es. Vielleicht waren es Teppichhändler aus dem Nahen Osten. Farbenfrohe orientalische Stoffe waren damals beim Bürgertum in Mode und wurden auf der Strandpromenade nahe dem Kursaal verkauft. Zudem wissen wir aus der Zeitung L'echo d'Ostende, dass im Sommer 1890 zwei ägyptische Prinzen zu Besuch waren. Die zweite Möglichkeit ist also, dass Ensor tatsächlich diese gezeichnet hat, neben all dem anderen schicken Volk.